Deutscher Verkehrsexpertentag 2004

am 1. und 2. Juli 2004 im Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen in Bonn
Barbro Rönsch-Hasselhorn, Forschungsstelle Mensch-Verkehr der Eugen-Otto-Butz-Stiftung am Institut ASER e.V.

Der Kulturbegriff im Kontext von Mobilität und Verkehr:
Zusammenfassung der Diskussion auf dem Verkehrsexpertentag 2004

Insbesondere in den Plenumsvorträgen sowie in den Beiträgen zur Themengruppe 1 befassten sich die Referenten mit dem Kulturbegriff und seiner Bedeutung für Mobilität und Verkehr bzw. das Verkehrssystem.
Professor Fiedler, Universität Wuppertal, hob den Aspekt der intelligenten Verkehrsmittelwahl hervor und darüber hinaus die sozialen Dimensionen Rücksichtnahme sowie Konsensbereitschaft und -fähigkeit. Professor Bandmann, Deutscher Verkehrssicherheitsrat, verband Kultur mit einem bewußten Vorgang, in dem Prozesse gestaltet werden. Er wies auf die Bedeutung und Notwendigkeit von Zielen und Werten hin, die den Gestaltungsprozessen zu Grunde liegen müssen, und schlug �Nachhaltigkeit� als Maßgabe in dem Sinne vor, dass die heutige Generation ihre Mobilität so gestalten sollte, dass die kommenden Generationen ihre Mobilität realisieren können.

Professor Beckmann, RWTH Aachen, verwarf die Verknüpfung von Mobilitäts- und Verkehrskultur mit dem Konzept der Unternehmenskultur als nicht zielführend, da sich beide Bereiche im Hinblick auf ihren zeitlichen Planungshorizont und die Dimensionalität der Ziele grundsätzlich unterscheiden. Er bezog neben der körperlichen Beweglichkeit auch die geistige Beweglichkeit in den Begriff mit ein und wies auf die Unvermeidbarkeit von Mobilität hin. Daraus leitete er die Forderung nach Teilnahme und Teilhabe an Mobilität ab. Nach seiner Auffassung erfordert Mobilitätskultur eine Planungskultur, die die Beteiligung der von der Planung betroffenen Gruppen vorsieht. Dem Ziel der �Bewußten Mobilität� ständen Raum- und Zeitstrukturen entgegen, während der Erhalt von Verkehrsmittel-Angeboten, die Schaffung finanzieller Anreize und Beratungsangebote eine Voraussetzung für Bewußte Mobilität seien. Eine wichtige individuelle Voraussetzung ist darüber hinaus der Erhalt der großen Gruppe multi-modal mobiler Menschen.

Oliver Mietzsch, Deutscher Städtetag, teilte die Einschätzung von Professor Beckmann in Bezug auf die Bedeutung der Rahmenbedingungen, die Standortmuster und Siedlungsstruktur für den Verkehr darstellen, und forderte eine integrierte Stadt- und Verkehrsplanung sowie darüber hinaus eine Gleichbehandlung von Kfz-Verkehr und anderen Verkehren. Eine einvernehmliche Zusammenarbeit von Stadt- und Verkehrsplanern war auch Professor Hubers, Universität Wuppertal, zentrale Forderung zur Realisierung einer positiven Mobilitätskultur.

Entsprechend Professor Bandmanns Betrachtung von Kultur im Sinne einer bewußten Prozessgestaltung argumentierte Professor Echterhoff, GUVU. Seinem Beitrag lag die Annahme zu Grunde, dass sich bestimmte Merkmale von Organisations- und Unternehmenskultur wie z.B. vorherrschende Werte, die die Organisation unterstützt, Spielregeln für erfolgreiches Handeln oder beobachtbare Verhaltensriten auf Mobilitäts- und Verkehrskultur übertragen lassen. Art und Inhalt von Mobilitätskultur komme in den Werten der Akteure, den Glaubenssätzen über den Idealzustand, Annahmen über Lösungsmöglichkeiten oder Verhaltensmustern in Prozessen zum Ausdruck. Daraus werden Ansatzpunkte für die Gestaltung von Mobilitäts- und Verkehrskultur abgeleitet, z.B. durch die Verbesserung der realistischen Einschätzung von Mobilitäts- und Verkehrsmöglichkeiten.